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Freitag, 15. August 2014

Was wir von Benjamin Franklin lernen können

Benjamin Franklin, einer der Gründungsväter Amerikas, begann im Jahr 1732 einen Kalender zu drucken, der Abhandlungen und Aufsätze über Themen wie Lebensklugheit, Rechtschaffenheit, Arbeit, Sparsamkeit und Mäßigkeit enthielt. 1758 erschien ein Artikel, den Franklin unter dem Pseudonym Richard Saunders verfasste. Er trug den Titel "Der Weg zum Reichtum", wurde zum Leitfaden vieler Amerikaner und ist es auch heute noch Wert, gelesen und beherzigt zu werden.


Freunde und Nachbarn! Die Abgaben sind in der Tat sehr schwer. Wären die von der Regierung uns auferlegten Steuern die einzigen, so vermöchten wir sie noch leicht genug abzutragen; aber wir haben viele andere, die manchem unter uns weilt schwerer fallen. Denn wir sind zweimal so hoch durch unsere Trägheit und viermal so hoch durch unsere Torheit besteuert. Diese Steuern aber kann uns kein Abgeordneter durch eine Herabsetzung erleichtern oder abnehmen.

Man würde eine Regierung für hart halten, die uns 10 % unseres Einkommens wegsteuerte, aber der Müßiggang nimmt bei vielen unter uns weit mehr als 10 % ihrer Zeit in Anspruch, wenn wir in Anschlag bringen, was wir an Zeit mit unnötigen Beschäftigungen oder belanglosen Unterhaltungen verschwenden.

Liebst du dein Leben, dann verschlendere die Zeit nicht an unnütze Dinge, denn sie ist der Stoff, woraus das Leben gemacht wird. Wenn Zeit das kostbarste unter allen Dingen ist, muss dann Zeitverschwendung nicht die größte Verschwendung sein?

Verlorene Zeit wird nie wieder gefunden und was wir "Zeit genug" nennen, erweist sich immer als wenig genug. Faulheit erschwert alles, aber Fleiß macht alles leicht. Wer spät aufsteht, muss den ganzen Tag laufen und wird kaum am Abend zum Ziele kommen. Trägheit reist so langsam, dass sie bald von der Armut eingeholt wird. Daher treib du dein Geschäft gründlichst und lass dich nicht von ihm treiben!

Fleiß bezahlt Schulden, aber Trägheit und Mutlosigkeit vermehren sie. Fleiß ist der Vater des Glücks und füllt dir Scheuern und Kasten. Darum arbeite, solange der heutige Tag währt, denn du weißt nicht, ob morgen Krankheit oder anderes dich daran hindern kann. Darum tue auch schon heute, was du morgen ohnedies tun musst. Auch ist ein heute so viel wie zwei morgen.

Bist du selbstständig, dann schäme dich vor dir selbst und vor deinen Dienern, wenn du dich selbst beim Müßiggang ertappst. Halte dich wacker ans Werk und du wirst viel entstehen sehen. Meinst du, Faulheit werde dir ein behaglicheres Leben gewähren als Arbeit? Oh ein, denn aus Müßiggang entspringen Sorgen und aus unnötiger Ruhe schwere Mühen. Fliehe Vergnügungen und sie werden dir von selbst nachlaufen. Halte deinen Laden wohl, dann wird dein Laden dich wohl erhalten. Willst du dein Geschäft gut besorgt haben, dann gehe selbst danach. Willst du es nicht, dann schicke danach.

Das Auge eines tüchtigen Herrn richtet mehr als seine beiden Hände und zu großes Verlassen auf unserer Leute Sorgfalt ist unser Verderben. Im Übrigen gedeihen unsere Geschäfte nicht durch blindes Vertrauen auf andere, sondern durch den Mangel daran. Aber wer für sich selbst sorgt, hat auch den Vorteil davon.

Vereinige Sorgfalt mit Kenntnissen, dann ist dir der Reichtum gewiss. Darum beobachte Sorgfalt in den kleinsten geschäftlichen Dingen und verschaffe dir die genausten Kenntnisse deines Berufes.

So viel sei betreffs des Fleißes und der Sorgsamkeit für eines jeden Geschäft gesagt, meine Freunde, aber wir müssen dazu noch Mäßigkeit gesellen, wenn wir unserem Fleiße einen umso sicheren Erfolg verschaffen wollen.

Denn wer nicht eben gut zu sparen wie zu erwerben versteht, kann sich sein Leben lang plagen und wird am Ende doch keinen Pfennig hinterlassen.

Willst du aber reich werden, so sei auf das Sparen ebenso wie auf das Verdienen bedacht und merke dir: Eine fette Küche macht ein mageres Testament. Hinweg auch mit euren vielen anderen kostspieligen Torheiten, dann werdet ihr nicht mehr so viel Ursache haben, über schwere Zeiten zu klagen! Ihr denkt vielleicht: Tee mit Rum, einige teure Theaterplätze, dann und wann eine erlesene Mahlzeit, einige schöne Kleider und zuweilen einige Festlichkeiten können nicht viel auf sich haben. Aber erinnert euch: Viele Körnchen machen den Haufen!

Darum hütet euch vor den immer wiederkehrenden, überflüssigen kleinen Ausgaben. Denn ein kleines Leck kann ein großes Schiff zum Sinken bringen. Und "Junge Schlemmer, alte Bettler!" ist ein wahres Wort. Vor allem hütet euch vor dem Kaufe unnützer oder leicht zu entbehrender Dinge, sonst werdet ihr bald das Notwendige verkaufen müssen. Kostet es auch nur einen Groschen allein, dennoch überlegt es euch fein. Überlegt auch, dass mancher wohlfeiler Kauf überflüssiger oder nicht dringend benötigter Sachen euch in euren Geschäftsangelegenheiten beschränkt, also schädlich ist.

Und lasst euch sagen, dass viele durch billigen Einkauf schon zugrunde gegangen sind. Durch solche Käufe geraten reiche öfters in Armut und müssen dann von denen borgen, die sie früher verachteten, die aber durch Fleiß und Mäßigkeit ihre Stellung nicht nur behauptet, sondern erhöht haben.

Mancher hat ein Vermögen ererbt und meint dann, es hat nichts zu bedeuten, wenn er von dem Vielen ein wenig vertut. Wer aber immer aus dem Mehlfaß nimmt und nichts hineinschüttet, kommt bald auf den Boden. Wenn der Brunnen trocken ist, erkennt man den Wert des Wassers.

Hütet euch vor Stolz und Prunksucht. Denn wenn du ein Schmuckstück kaufst, sei es für deinen Anzug oder für deinen Hausstand, dann musst du noch zehn Dinge dazu kaufen, damit alles gehörig zueinander passe. Es ist leichter, den ersten Wunsch zu unterdrücken, als alle nachfolgenden zu befriedigen. Die Torheit des Armen, der dem Reichen nachäffen will, ist nicht geringer als die des Frosches, der sich aufbläht, um dem Ochsen gleich zu werden, bis er endlich platzte.

Stolz speist mit Übermut zum Frühstück, isst mit Armut zu Mittag und mit Schande zum Abend. Jener Stolz kann euch weder Gesundheit verschaffen noch Schmerzen lindern. Er erhöht den Wert eurer Person nicht, wohl aber beschleunigt er euer Unglück.

Welche Tollheit gehört dazu, sich überflüssiger Dinge halber gar in Schulden zu stürzen! Dadurch erteilt ihr einem anderen Gewalt über euch. Wenn ihr zu bestimmten Zeiten nicht zahlen könnt, werdet ihr euch schämen, eurem Gläubiger zu begegnen. Ihr werdet in Furcht sein, wenn ihr mit ihm sprecht. Ihr werdet armselige, klägliche, kriechende Entschuldigungen vorbringen, nach und nach eure Wahrhaftigkeit verlieren und endlich zur gemeinsten Lüge herab sinken. So tritt zu dem ersten Laster des Schuldenmachens das zweite Laster der Lüge.

Weil nun der Borger ein Knecht des Darleihers und der Schuldner ein Sklave des Gläubigers ist, so verschmäht diese Fesseln, bewahrt eure Freiheit und behauptet eure Unabhängigkeit. Seid fleißig und frei! Seiten mäßig und frei!

Seid in Zeiten auf Mangel und Alter bedacht, den die Morgensonne scheint nie bis zur Nacht! Das, meine Freunde, ist die Lehre der Vernunft und der Weisheit! Und merkt euch zum Schluss das Wort: Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen, und wer nicht hören will, wird sicherlich fühlen!



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